Magnus Zanon berichtet

Auch heuer spielte ich wieder bei den Schnell- und Blitzschachstaatsmeisterschaften mit. Das Turnier wurde erneut in Innsbruck ausgetragen und professionell von Ina Anker und ihrem Team durchgeführt.

Schnellschach Staatsmeisterschaft

Tag 1:

Die ersten 4 Runden fanden direkt am Donnerstag Abend, des Tages meiner Ankunft, in der überraschend heißen Tiroler Landeshauptstadt statt. Glücklicherweise war der Turniersaal selbst gut temperiert.

Die erste Partie war unaufgeregt, war ich doch klarer Elofavorit, und konnte relativ problemlos gewonnen werden. Doch schon in der folgenden Runde wartete mit IM Borrmann Laurenz ein junges Wiener Talent am Brett. Er ist ein Spieler, der vor allem durch Kreativität glänzt. So gestaltete sich die Partie nach einem möglicherweise inkorrekten Bauernopfer meinerseits ebenso wild, wie das vorher anzunehmen war. Die Stellungsbeurteilung wechselte mehrmals. Zwischendurch war wohl auch ein Sieg möglich, aber das Motiv selbst leider sehr schwer zu sehen. So führte ein Figurenopfer am Ende doch zur Niederlage. Ich ließ mich davon aber nicht entmutigen, zumal auch in Runde 3 wieder ein überraschend eloschwaches Gegenüber auf der anderen Seite saß. Diese Partie war glanzlos aber erfolgreich. 

Zum Ende des ersten Tages ging es noch gegen IM Kummer ans Werk. Positionell wurde ich hier etwas überspielt, agierte zaghaft, konnte aber dann die Partie etwas verkomplizieren, sodass ich sehenswert taktisch hätte gewinnen können. Diese Gelegenheit wurde aber ausgelassen und so geriet ich in ein schlechteres Endspiel. Kummer Helmut, einst ein österreichischer Spitzenspieler, schien aber körperlich schon etwas entkräftet zu sein, wich einer Stellungswiederholung aus und stellte gleich darauf einen wichtigen Bauern ein, sodass ich diese Partie unverhofft gewinnen konnte. Somit ging es mit 3/4 zum Asiaten und später zur Nachtruhe.

Tag 2:

Diese war allerdings kurz. Die Hitze führte zu schlechtem Schlaf, was sich leider auf mein Spiel auswirkte.

Zunächst sollte mein Vereinskollege in Wien IM Baumegger mein Gegner sein. Nach einer eigentlich guten Eröffnung, schätzte ich eine Stellung falsch ein und kurz darauf übersah ich ein taktisches Motiv. Mit einer Quali weniger und ohne Gegenspiel war die Partie bald gelaufen.

Die Partie Nummer 6 war wohl eine der absurdesten. Schon im Jahr zuvor stand ich gegen den jungen Tiroler Philip Hengl mit Mehrfigur da und verlor die Partie noch unglücklich. Heuer sollte es anders kommen. Zunächst versperrte ich elegant mit Tf2 meinem eigenen Springer ein wichtiges Rückzugsfeld, sodass nach einem Naserümpfen meines Gegners, dieser eingesperrt und folglich geschnappt wurde. Nun gab es 2 Optionen – entweder  die Hand entgegenstrecken und mich über meinen Fehler zu wundern, oder noch irgendwie versuchen etwas in der Partie zu erreichen. Die Karten standen natürlich schlecht, auch weil ich kaum noch Zeit auf der Uhr hatte und mein Gegner kaum Zeit verloren hatte. Vielleicht war das auch mein Glück, denn er positionierte seine Figuren, wohl zu siegessicher, etwas ungünstig und ließ mich zurück in die Partie. Plötzlich gab es überall Einbruchsfelder und Drohungen, die Zeit schwand und er fand sich in einer hoffnungslosen Stellung wieder. 4/6

In der 7. Runde wartete erneut ein junger Schachspund auf mich, Julian Jetzl. In dieser Partie sah ich kein Licht. Zunächst schien es zumindest kompliziert zu sein, objektiv ging aber vermutlich schon die Eröffnung für Weiß richtig schief. Kurz darauf knallte es im weißen Lager. Jetzl opferte eine Figur sehenswert für einen Mattangriff.

Nun folgten wohl die wichtigsten Runden im Schweizer System. Diese können das Tableau noch ordentlich durcheinander wirbeln. Auch gegen FM Neuschmied stand ich nach guter Eröffnung bald ziemlich hin. Anstatt früh zu rochieren, zog ich vorzeitig den h- Bauern nach vorne und gab meinem Gegenüber die Gelegenheit, tief in meine Stellung einzudringen. Irgendwie wurschtelte ich mich heraus und konnte ein X erreichen. Heilfroh und mit guter Auslosung ging es ins Finale. Gute Buchholz und ein schwächerer Gegner warteten. Mein fehlendes Spielniveau wurde mir aber hier etwas zum Verhängnis. Völlig ideenlos zog ich umher, konnte keinen Weg finden richtige Probleme zu stellen und folglich auch nicht den vollen Punkt zu ergattern. 

Somit standen 5/9 zu Buche und Gesamtplatz 22/60. Ein solides, aber nicht übertrieben erfreuliches Turnier.

Erholt wurde sich darauf mit den Schachkollegen beim Italiener.

Das Turnier gewann GM Dragnev Valentin mit 7,5 Punkten, vor GM Horvath Dominik mit 7 und IM Peyrer Konstantin mit 6,5 PUnkten. Der Neo-Fide Österreicher und internationale Topspieler Alekseenko Kirill wurde überraschenderweise nur 4.

Blitzstaatsmeisterschaft

Ausgeschlafen ging es am Samstag dann ans Blitzen. Hier kann alles passieren. Die Stellungsbewertungen ähneln nur allzu oft einer Sinuskurve.

Der Turnierbeginn war das Spiegelbild des Schnellschachs – ein flotter Sieg gegen einen eloschwächeren Gegner.

Doch schon darauf spielte sich der Wahnsinn ab. Gegen den jungen Benedikt Noah spielte ich eigentlich eine recht gute Partie, übersah allerdings (anm. Robert Oberbichler) zwischendurch ein Matt in 1 und konnte dankbar sein, hier den Sieg errungen zu haben. Solche Partien entscheiden oft einen Turnierverlauf erheblich. Ohne diesen Sieg hätte ich wohl nicht die Chance gehabt in diesem Turnier gegen GM Blohberger zu spielen. Ich wusste natürlich, dass ich ein krasser Außenseiter bin, allerdings auch, dass im Blitzen alles möglich ist. So spielte ich ohne Druck drauf los, erreichte zwischendurch richtig gute Stellungen, spielte auch Augenhöhe mit einem der besten Spieler Österreichs mit und konnte ihn ordentlich vor Probleme stellen. Richtige Probleme, denn gleich 4 mal hätte ich ihn Matt setzen können. Die Synapsen im Hirn funktionieren aber mit 4 Sekunden auf der Uhr nicht mehr so, wie man es sich wünschen würde und so gab ich zufrieden Dauerschach und realisierte danach, auch dank der Erläuterungen meines Gegners, dass er mehrfach Matt gewesen wäre und sein Königsmarsch im Damenendspiel überambitioniert war. Auf der Heimreise nach Wien im Zug führte diese Partie auch bei GM Horvath zu Schmunzeln. Er hätte nach Df7 + mit der Mattdrohung sofort aufgegeben, meinte er. Leider hat es ihm sein Kollege nicht gleich getan.

Etwas geschockt ging es dann gegen IM Schwabeneder, ein Vereinskollege und guter Bekannter. Auch hier war die Partie auf einem guten Niveau. Ein Stonewall ist nicht leicht zu knacken. Doch hier hatte ich ein völliges Blackout und warf eine ausgeglichene Partie mit einem Zug weg. Beide Spieler gleichermaßen geschockt reichten einander die Hände. 

Nun lauerte schon mit FM Wohlfahrt ein Angstgegner. In jeder Partie stand ich bisher gegen ihn gut, jedes mal überzeugte ich dann mit groben Patzern. Dieses mal genauso. Die Endspieltechnik lies zu wünschen übrig und so wurde auch hier ein halber Punkt vergeben. Die vielen liegen gelassenen Chancen nagten etwas an mir, die innere Anspannung viel etwas ab, etwas, das generell nicht zu konzentriertem und besserem Spiel führt. Gleichzeitig ging es darum „The bleeding“ zu stoppen. Mit FM Pilz Dieter glaubte ich jemand passenden gefunden zu haben, wirkte er doch alt und zerstreut. Lange verlief die Partie günstig, doch plötzlich fing ich an Figuren einzustellen und befand mich am Rande einer Niederlage. Aus unerfindlichen gründen fing mein Gegner aber an die Züge zu wiederholen. Er war wohl etwas nervös geworden, da auch er nicht mehr viel Bedenkzeit übrig hatte. Über dieses Remis war ich mehr als dankbar.

Ich konnte mich so erfangen und nachdem mein Gegner in der 7. Runde dankbarerweise eine Figur einstellte, auch wieder etwas an Körperspannung aufbauen.

Runde 8 war auch eher durchwachsen und fehlerhaftes Spiel beider Seiten führte zu einem Remis.

In Runde 9 konnte ich nach langer Zeit wieder einen vollen Punkt einfahren. Hier war ich wohl der erfahrenere und stärkere Spieler. Zwischenzeitlich schien die Partie wie am Schnürchen zu laufen, doch die Abwicklung ins Turmendspiel war vielleicht nicht die beste Idee. Irgendwie rang ich jedoch meinen Gegner zu Boden.

5,5 aus 9 – das klang schon ganz gut. 1-1.5 Punkte und es könnte Preisgeld winken und ein Platz im Spitzenfeld.

Erneut war mein Gegner minderjährig. Er behandelte die Eröffnung in der Penultimate Round sehr schleißig, stand fürchterlich, doch ich konnte die +5 Stellung nicht verwerten, spielte zu materialistisch, anstatt den Spieler mit den schwarzen Steinen in seiner Entwicklung komplett zu behindern. Folglich drehte sich die Partie und ich musste um den halben Punkt kämpfen, welchen ich am Ende auch erreichen sollte.

Und so wartete in Runde 11 erneut Philip Hengl. Es war klar, ein X bringt beiden NIX. Ein Sieg würde einen vielleicht sogar in die Top 10 vorspülen.

Ich behandelte die Eröffnung aber wie ein kompletter Idiot, stellte mich ungünstig hin, mein König im Zentrum gefangen. Komplett zufällig positionierte mein Gegner seine Dame derart ungünstig, dass der königlichen Hoheit die Felder ausgehen sollten. Mein Kopf war aber eher im Überlebens- und nicht Siegesmodus, sodass ich diese Option zu diesem Zeitpunkt gar nicht in Erwägung zog. Erst 2 Züge später dämmerte es mir, dass Madame keine Felder hatte. Zu diesem Zeitpunkt konnte aber nicht mehr als eine Stellungswiederholung erreicht werden.

So bleiben 6.5/11, ein recht starkes Turnier übrig, mit einem etwas fahlen Beigeschmack, da diverse Chancen ausgelassen wurden. Besonders bitter nicht gegen den Großmeister zu gewinnen, denn wie oft hat man diese Möglichkeit als gewöhnlicher Spieler im Turnierschach?! 1 Buchholz mehr und es hätten auch 50€ Preisgeld gewinkt. Naja, vielleicht im nächsten Jahr :).

Den Sieg holte sich der junge GM Dominik Horvath vor dem punktegleichen GM Valentin Dragnev und GM Kirill Alekseenko.

Alle Ergebnisse: https://chess-results.com/tnr1111420.aspx?lan=0&art=1&rd=11

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